Das unterschätzte Heilmittel – die Kraft der Berührung nutzen
von Tobias Frank
Warum Berührung mehr als gut tut. Kannst du dir vorstellen, dass es ein Heilmittel gibt, was nachweislich Stress reduziert, dein Immunsystem stärkt und Glücksgefühle schenkt? Und das alles ohne Nebenwirkungen? Würde es als Arzt keinen Sinn machen, dieses Mittel zu verschreiben? Läge es nicht Nahe, mehr von diesem Heilmittel zum Wohl aller Menschen zu produzieren?
Das Mittel heißt achtsame Berührung
Unzählige Studien haben die positiven Wirkungen auf Körper, Geist & Seele nachgewiesen. Trotz wissenschaftlicher Beweise wird Berührung im menschlichen Miteinander häufig eine untergeordnete Bedeutung beigemessen. So denken viele Menschen bei Berührung eher an das Touchscreens ihres Smartphones statt der letzten liebevollen Umarmung oder wohltuenden Massage, die sie erhalten haben.
Warum Berührung so kraftvoll ist und wie du die Qualität deines eigenen Lebens durch Berührung verbessern kannst, beschreibt Tobias Frank, Bodyworker & Buchautor in diesem Gastartikel.
Was in deinem Körper passiert
Zunächst zu den Fakten: Dein Körper reagiert auf achtsame Berührung, indem er das Ruhe-Hormon Oxytocin ausschüttet, das Gefühle wie Ruhe, Lieben und Vertrauen erzeugt. Durch seine beruhigende Wirkung ist Oxytocin in der Lage, Stress zu verringern. Die Auswirkungen der Stresshormone Adrenalin und Kortisol werden verringert. So ist es für das vegetative Nervensystem möglich, aus dem Flucht- und Kampf-Modus in den Ruhemodus zu schalten.
Und ähnlich wie das Essen von Schokolade macht Berührung gute Laune (ohne schädliche Nebenwirkungen auf Deine Figur). Die verstärkte Ausschüttung der Glückshormone Dopamin und Serotonin kann deine Stimmung aufhellen und Depressionen vorbeugen – ein heilsamer Hormoncocktail. Außerdem können angenehme Berührungen chronische Schmerzen lindern, das Immunsystem stärken und den Blutdruck senken.
Nahrung für die Seele
Deine Seele braucht Berührung, genauso wie dein physischer Körper Essen und Trinken: Dieses Bedürfnis ergibt sich aus der menschlichen Entwicklungsgeschichte. In den ersten Minuten deines Lebens, wenn du der Welt schutzlos ausgeliefert bist, ist die Berührung deiner Mutter, DIE Erfahrung in deinem Leben, die dir Halt und Sicherheit gibt. Und der Tastsinn ist der erste Sinn, mit dem du als Baby die Welt erkundest noch bevor du siehst oder hörst.
kopfmassage_buchAchtsame Berührungen schenken dir Vertrauen und Geborgenheit, weil sie dein Unbewusstes an diesen ersten so wichtigen Kontakt mit deiner Mutter erinnern. Damit einher geht das Gefühl sich gesehen und geliebt zu fühlen. Welcher Mensch kann schon von sich behaupten, eine perfekte Kindheit und immer genug liebevolle Aufmerksamkeit bekommen zu haben?
Als erwachsene Individuen erliegen wir manchmal der Illusion von anderen Menschen und der Welt getrennt zu sein. Wenn wir die Welt sehen, sie primär durch den visuellen Sinneskanal erfahren, nehmen wir all die Unterschiede wahr. Wir denken in den Kategorien von Subjekt und Objekt. Denken und Sehen trennt, Berührung dagegen verbindet. Denn wir können die Einheit (um die wir vielleicht sogar intellektuell wissen) in unserem eigenen Körper fühlen.
Du kannst nichts falsch machen
Damit Berührung ihr heilsames Potenzial entfalten kann, muss sie in gegenseitigem Einverständnis erfolgt. Das ist eine wichtige Voraussetzung. Denn jede Form der Berührung lässt sich als nonverbale Kommunikation zwischen zwei Menschen verstehen. Bin ich mir unsicher, ob die Berührung überhaupt erwünscht ist, macht es Sinn zu fragen. Du willst deinem Gegenüber ja etwas Gutes tun und die Berührung soll nicht als übergriffig erlebt werden.
Ist dieses Einverständnis erfolgt und ist Deine Berührung achtsam und von einer liebevollen Intention geleitet, gibt es wirklich nicht viel, was du falsch machen kannst. Im Rahmen meiner eigenen Workshops und Ausbildungen erlebe ich häufig Ängste, wenn es darum geht, einen anderen Menschen zu berühren. Viele Menschen fragen sich: „Mache ich das richtig so?“ „Weiß ich überhaupt genug, um einem anderen Menschen durch Berührung etwas Gutes tun zu können?“
Dazu gibt es ein wunderbares Zitat von Osho, der sagt, dass Massage und Körperarbeit zu 90 Prozent Liebe und nur zu 10 Prozent Technik sind. Für mich persönlich war es eine spannende Erkenntnis zu erfahren, dass das WAS, d.h. die Technik, Art der Berührung etc. weniger wichtig als das WIE, d.h. meine Achtsamkeit und meine liebevolle Intention sind. Die Kategorien von „richtig“ und „falsch“, die wir in der Schule gelernt haben, mögen für viele Bereiche des Lebens zutreffend und hilfreich sein. Für Berührung gilt dies jedoch nicht. Denn eine Berührung, die achtsam ist und von Herzen kommt, fühlt sich immer gut an.
Die Heilkraft der Berührung nutzen
Was kannst du nun konkret tun, um dir die Heilkraft der Berührung zu Nutze zu machen:
- eine Massage buchen:
Belohne Dich selbst, indem Du Dich massieren lässt. Wichtig ist, dass Dein Bodyworker achtsam ist und Du ihm oder ihr vertrauen kannst. - Selbstmassage:
Kaufe Dir ein Massage-Öl Deiner Wahl, dessen Geruch Dir gefällt und mache die Selbstmassage zu einem Ritual für Dich selbst. Wenn Du Dich selbst berührst, tue dies sehr langsam und achtsam und genieße jeden Moment. - Haustier streicheln:
Ein Haustier zu streicheln kann eine wunderbare Möglichkeit sein, Berührung zu genießen. Insbesondere Katzen wirken auf den Menschen beruhigend. - Berührung schenken:
Werde selber aktiv und schenke einem lieben Menschen Deiner Wahl liebevolle Berührungen. Du kannst intuitiv mit oder ohne Öl massieren.
Über Tobias Frank
Tobias ist ein anerkannter Experte in der Kunst Loszulassen. Er ist Gründer von Thai Yoga und Vorstandsvorsitzender des Netzwerk Berührung e.V. Als Lehrer für Thai Yoga vermittelt er seinen Schülern, Yoga passiv zu genießen – in Rahmen von Workshops, Ausbildungen und Einzelsessions. Sein Unterricht zeichnet sich durch Klarheit, Authentizität, Humor und Tiefe aus. Gleichzeitig lädt er Menschen ein, ihrer Intuition zu vertrauen und sich wirklich zu spüren. Mehr Infos auf www.thaiyoga.de